Ein Einblick in meine Arbeit als Sprachspielgruppenleiterin in CH-Romanshorn im Jahr 2017. Heute bin ich nicht mehr dort tätig, aber diese Zeit hat mich nachhaltig geprägt.
„Du musst dich entscheiden, auf welcher Seite du stehst!“
Hast du diesen Satz schon einmal gehört? Wurdest du selbst mit dieser Frage konfrontiert oder hattest das Gefühl, dich für eine Seite entscheiden zu müssen?
Wie fühlt es sich für dich an?
Ich denke, wir alle kennen solche oder ähnliche Fragen im Zusammenhang mit Loyalität.
Oft lösen diese Fragen nach einer Entscheidung einen inneren Konflikt aus, weil wir spüren: Wenn wir uns für eine Seite entscheiden, kann das gleichzeitig eine Trennung von der anderen Seite bedeuten. Und ja, manchmal ist eine Entscheidung notwendig. Doch wählen zu müssen heisst oft auch, etwas loszulassen – und das kann Trauer mit sich bringen.
In diesem Blogartikel habe ich bereits beschrieben, dass Loyalität weder gut noch schlecht ist. Sie kann etwas Wunderschönes sein, weil sie Kindern und Erwachsenen Zugehörigkeit und Sicherheit gibt.
Doch sie kann auch zur Last werden – nämlich dann, wenn sie zur Bedingung für Zugehörigkeit gemacht wird: zu einer Familie, zu einem Ehepartner, zu einer Freundin/Freund, einer Gruppe, einer Religion oder einer bestimmten Weltanschauung. Wenn Loyalität zur Voraussetzung für Anerkennung und Sicherheit wird oder sogar als Massstab für den eigenen Wert dient, kann sie zur Kontrolle und Manipulation missbraucht werden.
In solchen Fällen hält Loyalität Menschen gefangen. Sie kann die Entwicklung von Kindern und Erwachsenen blockieren und verhindern, dass sie sich zu eigenständigen, selbst denkenden wertschätzenden Persönlichkeiten entfalten. Dann richtet sie mehr Schaden an, als dass sie stärkt.
Mein Loyalitätskonflikt als Spielgruppenleiterin
Während meiner Jahre als Spielgruppenleiterin gab es eine Zeit, in der ich immer mehr in Loyalitätskonflikte geriet. Das kam so: Durch meine Ausbildung am Neufeld-Institut zur bindungsbasierten Entwicklungspädagogin begann ich, Kinder von innen heraus zu verstehen. Ich bekam tiefere Einsicht in den Entwicklungsplan, der schöpfungsbedingt in jedem Menschen angelegt ist.
Ich begann, Kinder als Wesen zu betrachten, die ausserhalb der Gebärmutter im Kontext von Bindung weiter wachsen und reifen sollen und müssen. Gordon Neufeld beschreibt es treffend: „Bindung ist die externe Gebärmutter.“ Ein Satz von Heinz Etter aus der Vertrauenspädagogik prägte mich besonders: „Wir sollen das unreife Verhalten des Kindes nicht moralisch deuten.“ Diese Aussage berührte mich tief und hat meine Sichtweise nachhaltig verändert.
Da stand ich also mit meinem Loyalitätskonflikt. Ich erkannte, dass Kinder unreife, bindungsorientierte Wesen sind die emotionale Unterstützung zum wachsen und reifen brauchen, während Eltern – genau wie ich selbst – oft durch, Strafen, Schimpfen, Druck und Manipulation Einfluss auf ihr Verhalten nehmen.
Ein prägendes Erlebnis mit einem Vater und seiner Tochter
Ein Beispiel aus meinem Spielgruppen Alltag macht diesen Konflikt besonders deutlich:
Ein Vater und seine dreijährige Tochter standen vor einem grossen Schritt – der erste Tag in der neuen Spielgruppe. Der Vater war überzeugt, dass er seine Tochter einfach abgeben und gehen könne. Doch als er sich verabschieden wollte, fing das kleine Mädchen an zu weinen.
Der Vater wandte sich an mich und sagte: „Meine Tochter muss hierbleiben und lernen. Wenn ich jetzt nicht gehe, vermittle ich ihr die Botschaft, dass sie mit Weinen alles erreichen kann. Sie wird lernen, mich damit zu manipulieren – gibt man ihr den kleinen Finger, nimmt sie die ganze Hand!“
Solche Begegnungen und Gespräche mit Eltern häuften sich, und mein Loyalitätskonflikt wurde für mich immer unerträglicher. Ich hatte zunehmend das Gefühl, das Verhalten der Kinder und ihre Unreife gegenüber den Eltern erklären und verteidigen zu müssen. Ich spürte, dass ich mich zwischen den Kindern und den Eltern befand – eine Position, die ich nicht einnehmen wollte. Gleichzeitig erkannte ich damals noch nicht, dass ich mich in einem Loyalitätskonflikt befand. Ich wollte diesen inneren, unangenehmen Konflikt auflösen, wusste aber nicht wie.
Der Weg zur Lösung: Eine neue berufliche Ausrichtung
Als Mutter fühlte ich mich zwischen den Eltern und den Kindern hin- und hergerissen. Gleichzeitig war ich als Spielgruppenleiterin in erster Linie für die Kinder verantwortlich. Die Unterstützung der Eltern in Entwicklungsfragen gehörte nicht direkt zu meinen Aufgaben – sie spielte nur eine untergeordnete Rolle, etwa bei konkreten Fragen oder im Alltag der Spielgruppe.

Eine meiner Aufgaben als Spielgruppenleiterin war es, der kindlichen Kreativität Raum zu geben und sie gezielt zu fördern. Ich habe es geliebt, diesen kreativen Prozess gemeinsam mit den Kindern zu gestalten – ihre Ideen zu entdecken, sie beim Experimentieren zu begleiten und zu sehen, wie ihre Fantasie mit mir zusammen lebendig wird🌞
Durch meine Weiterbildung am Neufeld-Institut erhielt ich so viel Wissen über Entwicklungsprozesse und die damit verbundenen Aufgaben – insbesondere darüber, wie man Kinder in ihrem Reifen und Wachsen unterstützen kann –, dass ich es nicht länger für mich behalten wollte. Ich begann mich zu fragen, wie ich dieses Wissen und meine dadurch gewonnen positiven Erfahrungen im Umgang mit den Kleinkinder weitergeben könnte.
Der Spielgruppenverein bot eine Weiterbildung zur zu-wa Eltern-Kind-Gruppenleiterin an. Es schien, als könnte diese Weiterbildung eine Antwort auf meinen inneren Konflikt sein. Von da an hatte ich eine klare Vision: eine Eltern-Kind-Gruppe zu leiten und Eltern gemeinsam mit ihren Kindern zu begleiten. Diese Aufgabe fühlte sich für mich genau richtig an – sie entsprach meiner inneren Suche nach einer Lösung und half mir, meinen Loyalitätskonflikt aufzulösen. Da es im damaligen Spielgruppenverein keinen Platz für eine Eltern-Kind-Gruppe gab, entschied ich mich, mich beruflich selbstständig zu machen und gründete meinen eigenen kleinen „Verein“ karinutzingerfrei.ch
Die Erkenntnis: Ein Raum für alle Beteiligten
Ich begann immer mehr zu verstehen, dass ich mit der Leitung einer Eltern-Kind-Gruppe allen Seiten gerecht werden konnte – den Kindern, den Eltern und auch mir selbst. Durch meine berufliche Selbstständigkeit hatte ich die Freiheit, alles so zu gestalten, wie es für mich passend war.
Von da an hatte ich keine beruflichen Loyalitätskonflikte mehr. Das bedeutet für mich, dass keine der beteiligten Seiten – weder die Kinder noch die Eltern – unfreiwillig bevorzugt wird. Ich muss die Eltern nicht in die Lage versetzen, sich zwischen den Interessen der Kinder und ihrem eigenen Erziehungsstil zu entscheiden. Stattdessen schaffe ich einen Raum, in dem beide Seiten gehört werden können, ohne dass eine Partei zugunsten der anderen benachteiligt wird.
Es geht darum, einen ausgewogenen Ansatz zu finden, der es den Eltern ermöglicht, ihren Erziehungsstil immer wieder neu zu finden und zu leben, während gleichzeitig das Wohl und die Bedürfnisse der Kinder respektiert und gefördert werden.
Ich darf einen Raum schaffen und gestalten, in dem Eltern, Kinder und ich gemeinsam wachsen, reifen und zusammen-wachsen können.

Meine Zu-Wa Eltern-Kind Chrabbelgruppe richtet sich an Eltern mit Babys und Kleinkindern im Alter von 0 bis 30 Monaten. In einer liebevollen und entspannten Umgebung können die Eltern aus einer Auswahl an altersgerechten Spielmaterialien schöpfen, die die natürliche Entdeckerfreude und Entwicklung der Kleinen unterstützen.

Passende Bewegungsgeräte wie das Kriechtunnel dürfen bei mir natürlich nicht fehlen, um die Bewegungsentwicklung der Kleinkinder spielerisch zu unterstützen. Sie laden die Kleinkinder zum Entecken, Krabbeln und Ausprobieren ein und fördern so die motorische Entwicklung auf natürliche Weise und die Eltern zum Beobachten und nötigen Unterstützen 💞🌳

In meinen Babymassagekursen lernen Eltern, wie sie durch Körperkontakt die Bindung und das Vertrauen zu ihrem Baby von Anfang an stärken und vertiefen können.
Fazit
Mein Wissen über die Unreife von Kindern hat letztlich meinen Loyalitätskonflikt ausgelöst – oder vielleicht war dieser Konflikt schon immer da, ohne dass ich ihn bewusst wahrgenommen habe.
Kinder sind unreife Wesen, die unsere Führung und unseren Schutz brauchen. Wir Eltern sollten, wenn möglich, immer auf der Seite unserer Kindes stehen und nicht unüberlegt das Verhalten unterstützen, das wir evt. selbst vielleicht aus der eigenen Kindheit kennen – Verhalten, das durch Strafen, Manipulation, Liebesentzug oder Druck gesteuert wurde: dem sogenannten Zuckerbrot und Peitschenprinzip
Manchmal müssen wir uns bewusst für das Kind und gegen Kontrolle und Manipulation entscheiden. Die wahre Loyalität gilt dann nicht einem erlernten Erziehungsstil oder gesellschaftlichen Erwartungen, sondern dem Kind selbst – seinem Wesen, seinen Bedürfnissen und seiner gesunden Entwicklung 💞😊.
Sei loyal zur Unreife deines Kindes – und verlasse die Muster von Druck und Manipulation. Denn wenn wir Verhalten mit Kontrolle begegnen, stehen wir nicht mehr auf der Seite des Kindes, sondern dagegen.
Lese wenn du magst:
Kindliche Persönlichkeitsentwicklung fördern: Warum Bindung wichtiger ist als Kontrolle
Loyalität und Wertschätzung: Wie Eltern gesunde Bindungen zu ihren Kindern aufbauen können